Statistische Analyse: Zur Verflechtung zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein

Statistik informiert ... Nr. II/2013 SPEZIAL

Unter dem Titel „Verflechtungen zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein im Spiegel der amtlichen Statistik“ haben sieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Statistikamtes Nord jetzt eine weitere Studie der Veröffentlichungsreihe „Statistische Analysen“ vorgelegt.

Auf fast 40 Seiten werden verschiedene Aspekte der Verflechtung von Schleswig-Holstein und Hamburg, die mit den Erhebungen der amtlichen Statistik abgebildet werden können, dargestellt und untersucht. Neben der Bevölkerungswanderung und den Berufspendlerinnen und -pendlern zwischen beiden Ländern als zwei wesentliche Aspekte werden viele weitere Themenbereiche beleuchtet: sozialstatistische Gesichtspunkte, etwa zu den Krankenhauspatientinnen und -patienten aus dem jeweils anderen Land, werden ebenso erörtert wie Themen aus dem Bereich der Wirtschaftsstatistik. So werden Betriebe und Beschäftigte von Unternehmen des jeweils anderen Landes, die Verlagerung von Unternehmen und Betrieben zwischen den beiden Ländern, die Güterverflechtung nach Verkehrszweigen und Güterarten sowie der Außenhandel, der von Firmen des einen Landes aus dem anderen Land heraus abgewickelt wird, betrachtet. Darüber hinaus umfasst die Analyse thematische Exkurse zum Gebiet, zu den Sozialhilfeempfängerinnen und -empfängern sowie zu den Studierenden.

Der Beitrag zeigt die Vielfalt der Daten, die die amtliche Statistik zur Thematik bereitstellt, auf. Durch den Bezug auf Eckzahlen und eine zeitliche Analyse der letzten Jahre lassen sich außerdem die Intensität und die Entwicklung für die einzelnen Aspekte der Verflechtung darstellen.

Viele Bewegungen über die Landesgrenze
Tausende Menschen wechseln jährlich den Wohnort zwischen den beiden eng verbundenen Bundesländern Schleswig-Holstein und Hamburg. Viele Menschen ziehen aus der Stadt heraus, ohne jedoch die Anbindung an die Großstadt verlieren zu wollen. So sind im Jahr 2011 rund 23 400 Personen von Hamburg nach Schleswig-Holstein gezogen. Der Gegenstrom von Schleswig-Holstein nach Hamburg war mit 19 200 Menschen dagegen etwas weniger stark ausgeprägt.

Neben denjenigen, die ihren Wohnort von einem Land ins andere verlegen, überqueren viele Menschen auf dem täglichen Weg zur Arbeit die Landesgrenze. So gab es zur Mitte des Jahres 2011 über 155 000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, die von Schleswig-Holstein nach Hamburg pendelten, das sind 78,3 Prozent aller schleswig-holsteinischen Auspendlerinnen und Auspendler (soweit sozialversicherungspflichtig beschäftigt) und 49,3 Prozent der Einpendlerinnen und Einpendler nach Hamburg. Von Hamburg nach Schleswig-Holstein pendelten etwa 50 100 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Das entspricht 50,8 Prozent der Auspendlerinnen und Auspendler aus Hamburg und 44,4 Prozent der Einpendlerinnen und Einpendler nach Schleswig-Holstein (soweit es sich um sozialversicherungspflichtig Beschäftigte handelte).

Von allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die Mitte 2011 in Schleswig-Holstein ihren Wohnsitz hatten, pendelten 16,8 Prozent nach Hamburg. Der Anteil der Einpendlerinnen und Einpendler aus Schleswig-Holstein an allen in Hamburg arbeitenden sozialversicherungspflichtig Beschäftigten betrug 18,6 Prozent.

Umgekehrt pendelten von allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die Mitte 2011 in Hamburg ihren Wohnsitz hatten, 8,1 Prozent nach Schleswig-Holstein. Der Anteil der Einpendlerinnen und Einpendler aus Hamburg an allen in Schleswig-Holstein arbeitenden sozialversicherungspflichtig Beschäftigten belief sich damit auf sechs Prozent.

Zusätzlich zu den 205 700 sozialversicherungspflichtig beschäftigten Pendlerinnen und Pendlern arbeiteten 18 000 Beamtinnen und Beamte sowie Berufs- und Zeitsoldaten im jeweils anderen Bundesland.

Von allen Hamburger Beamtinnen und Beamten, Berufs- und Zeitsoldaten pendelte Mitte 2011 ein Viertel (14 900 Personen) von Schleswig-Holstein nach Hamburg. Die Zahl der Einpendlerinnen und Einpendler nach Schleswig-Holstein war deutlich geringer: 3 200 Beamtinnen und Beamte beziehungsweise Berufs- und Zeitsoldaten aus Hamburg leisteten ihren Dienst im nördlichsten Bundesland. Insgesamt lebten damit lediglich vier Prozent der Beamtenschaft und der Berufs- oder Zeitsoldaten mit einem schleswig-holsteinischen Dienstort in Hamburg.

Für die einfache Wegstrecke benötigten 13,3 Prozent aller Pendlerinnen und Pendler von Hamburg nach Schleswig-Holstein und 20,2 Prozent der Pendlerinnen und Pendler von Schleswig-Holstein nach Hamburg mindestens eine Stunde Fahrtzeit (Stand: 2008).

Weiterhin wurden in Hamburg im Schuljahr 2011/12 rund 182 500 Schülerinnen und Schüler an allgemeinbildenden Schulen unterrichtet, darunter fast 3 400 (knapp zwei Prozent) mit Wohnsitz in Schleswig-Holstein. Umgekehrt wohnten lediglich 456 von insgesamt 315 100 schleswig-holsteinischen Schülerinnen und Schülern in Hamburg.

An den berufsbildenden Schulen Hamburgs wurden im Schuljahr 2011/12 insgesamt 58 200 junge Menschen unterrichtet. 7 700 von ihnen hatten ihren Wohnsitz in Schleswig-Holstein. Umgekehrt besuchten im gleichen Zeitraum mehr als 96 000 junge Erwachsene eine berufsbildende Schule in Schleswig-Holstein. Fast 1 600 von ihnen hatten ihren Wohnsitz in Hamburg.

Von den insgesamt 80 100 Studierenden in Hamburg (Studienjahr 2010) hatten 8 800 ihren Heimatwohnsitz in Schleswig-Holstein. Gleichzeitig verfügten 2 800 der 52 300 Studierenden in Schleswig-Holstein über einen Heimatwohnsitz in Hamburg.

Verflechtungsanalysen auch auf dem Gebiet der Sozialstatistik möglich
Enge Verbindungen der beiden Bundesländer werden auch bei Betrachtung der unterschiedlichen im Statistikamt Nord erstellten Sozialstatistiken deutlich. So wird in der Statistischen Analyse aufgezeigt, dass im Jahr 2011 über 2 700 Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner in Hamburg geboren wurden, das sind 12,9 Prozent aller in diesem Jahr geborenen schleswig-holsteinischen Kinder. Umgekehrt wurden gut 500 Hamburger Kinder gezählt, die 2011 in Schleswig-Holstein geboren wurden (3,1 Prozent aller 2011 geborenen Hamburger Kinder).

Eine in der Tendenz ähnliche Bilanz ergibt sich bei der Betrachtung der Sterbefälle. Im Jahr 2011 starben in Hamburg über 1 700 Bürgerinnen und Bürger Schleswig-Holsteins (5,6 Prozent aller in diesem Jahr gestorbenen Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner). Gleichzeitig wurden 3,1 Prozent der Todesfälle der Hamburger Bevölkerung (531 Personen) in Schleswig-Holstein registriert. Diese Ungleichgewichte sind darauf zurückzuführen, dass insbesondere Patientinnen und Patienten aus dem Hamburger Umland die Krankenhäuser der Hansestadt mitnutzen.

Über 83 900 Einwohnerinnen und Einwohner Schleswig-Holsteins wurden im Jahr 2010 nach einer vollstationären Behandlung aus einem Hamburger Krankenhaus entlassen oder verstarben dort. Damit kamen 17,9 Prozent der in den Hamburger Kliniken behandelten Patientinnen und Patienten aus dem nördlichen Nachbarland. Von allen in Schleswig-Holstein wohnenden Krankenhauspatientinnen und -patienten gingen 13,4 Prozent für eine vollstationäre Behandlung in eine Hamburger Klinik.

Neben Patientenbewegungen vom Flächenland Schleswig-Holstein in den Stadtstaat Hamburg gab es auch einen kleineren Strom in entgegengesetzter Richtung. Im Jahr 2010 behandelten die Kliniken in Schleswig-Holstein 22 100 Hamburgerinnen und Hamburger. Damit kamen 3,8 Prozent aller in Schleswig-Holstein vollstationär versorgten Patientinnen und Patienten aus der Hansestadt. Von allen in Hamburg wohnenden Krankenhauspatientinnen und -patienten des Jahres 2010 wurden 6,1 Prozent im nördlichen Nachbarland vollstationär versorgt.

Eine andere regionale Verteilung zeigt sich bei den Eheschließungen. Hamburgerinnen und Hamburger schließen den Bund fürs Leben oft im Nachbarland. Im Jahr 2011 fanden 1 180 der insgesamt über 7 000 Eheschließungen mit Hamburger Beteiligung in Schleswig-Holstein statt (16,8 Prozent). Umgekehrt wurden nur 221 von rund 16 000 (1,3 Prozent) Ehen mit mindestens einem Partner beziehungsweise einer Partnerin aus Schleswig-Holstein in der Hansestadt geschlossen.

Ausgeprägte wirtschaftliche Beziehungen zwischen beiden Ländern
Besonders bedeutend für Verflechtungsanalysen sind die wirtschaftlichen Beziehungen der jeweils betrachteten Gebiete. So können beispielsweise die Verlagerungen von Unternehmen Aufschlüsse über wirtschaftliche Verflechtungen geben. Wie Einwohnerinnen und Einwohner ihren Wohnsitz von einem Land in das andere Land verlegen können, haben auch Unternehmen die Möglichkeit, ihre Aktivitäten zwischen den Ländern zu verlagern. Hierzu wird in der Statistischen Analyse unter anderem dargestellt, dass über den Zeitraum der Jahre 2008 bis 2011 lediglich 14 Betriebe mehr ihren Standort von Hamburg nach Schleswig-Holstein verlegten als in umgekehrter Richtung. Bei den Beschäftigten hat Hamburg per Saldo durch Betriebsverlagerungen im gesamten Zeitraum sogar einen kleinen Zugewinn von 355 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten gegenüber Schleswig-Holstein erzielt.

Insgesamt gab es im Jahr 2011 in Schleswig-Holstein 195 Unternehmen, die auch Betriebe in Hamburg unterhielten. In diesen Unternehmen waren zusammengenommen über 60 000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte tätig, darunter fast 9 000 Beschäftigte in den 212 Hamburger Betrieben. Gleichzeitig waren 314 Hamburger Unternehmen mit insgesamt über 150 000 Beschäftigten auch in Schleswig-Holstein aktiv, und zwar mit 673 Betrieben, in denen nahezu 21 000 Beschäftigte tätig waren.

10,7 Mio. Tonnen (t) Güter wurden im Jahr 2010 mit Eisenbahn, Binnen- und Seeschiffen und im Straßengüterverkehr von Schleswig-Holstein nach Hamburg transportiert. In der Gegenrichtung betrug die Beförderungsmenge von Hamburg nach Schleswig-Holstein 9,9 Mio. t. Von der Gesamtmenge des Güterverkehrs aus Schleswig-Holstein wurden somit elf Prozent nach Hamburg befördert. Von allen Gütern, die in Hamburg auf die genannten Verkehrszweige verladen wurden, wurden sieben Prozent nach Schleswig-Holstein abtransportiert.

Zwischen den beiden Ländern wurden in beiden Richtungen viele unter-schiedliche Güter in großen Mengen befördert. Die größten Mengen entfielen auf Steine, Erden und Baumaterialien, Konsumgüter zum kurzfristigen Verbrauch und chemische Erzeugnisse. Von Schleswig-Holstein nach Hamburg wurden darüber hinaus größere Mengen von Erzeugnissen der Land- und Forstwirtschaft sowie Metalle verladen. Von Hamburg nach Schleswig-Holstein spielte auch der Versand von Sekundärrohstoffen und Abfällen eine große Rolle.

Zusammengenommen wurden im Jahr 2011 Waren im Wert von 21,2 Mrd. Euro nach Schleswig-Holstein eingeführt und Waren im Wert von 18,3 Mrd. Euro ausgeführt. 58 Prozent der Importe und 62 Prozent der Exporte wurden von schleswig-holsteinischen Firmen abgewickelt. Bei sechs Prozent der Importe und sieben Prozent der Exporte war der Anmelder eine Firma aus Hamburg.

Nach Hamburg wurden im Jahr 2011 Waren im Wert von 69 Mrd. Euro importiert. Der Gesamtwert der Exporte aus der Hansestadt belief sich auf 41,7 Mrd. Euro. Bei 48 Prozent der Importe und 59 Prozent der Exporte war der Anmelder eine hamburgische Firma. Zwei Prozent der Im- und Exporte wurden von Unternehmen aus Schleswig-Holstein durchgeführt.

In der Reihe „Statistische Analysen" veröffentlicht das Statistikamt Nord wissenschaftliche Einzelbeiträge von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie externen Autoren zu fachstatistischen Themen, Problemen und Erkenntnissen der Amtlichen Statistik. Die Analyse „Verflechtungen zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein im Spiegel der amtlichen Statistik" (Externer Link)sowie alle bisher in dieser Reihe erschienenen Veröffentlichungen stehen im Internet kostenlos als Download zur Verfügung.

Ansprechpartner:

Sven Wohlfahrt
Telefon: 040 42831-1797
E-Mail: sven.wohlfahrt(at)statistik-nord(dot)de

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