Statistische Analyse: "Die Zentrale Produktionssteuerung im Statistikamt Nord – ein Werkstattbericht"
Statistik informiert ... SPEZIAL Nr. VIII/2014
Mit der Zentralen Produktionssteuerung (ZPS) ist im Statistikamt Nord eine Organisationseinheit installiert worden, die einen flexibleren Personaleinsatz und somit effizientere Arbeitsabläufe innerhalb des Amtes zum Ziel hat. In der Statistischen Analyse „Die Zentrale Produktionssteuerung im Statistikamt Nord – ein Werkstattbericht“ stellt Laura Kunte, unterstützt von Nicole Jakubzig, beides Mitarbeiterinnen im Statistikamt Nord, neben der Ausgangssituation für die organisatorische Umstrukturierung detailliert die Umsetzung der ZPS sowie erste Ergebnisse und Erfahrungen vor.
Hintergrund
Die innere Aufbauorganisation der Statistischen Ämter der Länder folgt in der Regel den fachlichen Aufgabenstellungen und orientiert sich an den verschiedenen Statistikbereichen, um die Aufgaben Datenerhebung und -aufbereitung durchzuführen. So ist es auch im Statistikamt Nord: Neben Organisationseinheiten, die die Bevölkerungsstatistiken produzieren, gibt es weitere, die z. B. für die Sozialstatistiken, die Statistiken im Handel, im Produzierenden Gewerbe usw. zuständig sind. Diese bewährte, fachlich orientierte Organisationsstruktur führt dazu, dass das Personal einer Organisationseinheit in der Regel Arbeiten mit unterschiedlichen Periodizitäten und Bearbeitungszeiten zu bewältigen hat. Daher kann die Intensität der Personalauslastung in den einzelnen Organisationseinheiten im Laufe eines Jahres schwanken, weil z. B. bei Abschluss einer Erhebung nicht unmittelbar im Anschluss eine ähnlich arbeitsintensive Erhebung folgt oder eine jährlich durchzuführende Erhebung lediglich Personalressourcen für einen unterjährigen Zeitraum bindet.
Im Statistikamt Nord wurde in der Vergangenheit versucht, das Problem von unterjährigen Kapazitätsschwankungen auch durch zeitlich befristete Einstellungen oder befristete Ausweitungen von Dauerverträgen Teilzeitbeschäftigter auszugleichen. Um dies zu vermeiden, entstand die Idee, Personalausgleiche zwischen den einzelnen Organisationseinheiten temporär und möglichst ohne zusätzliche Ressourcen zentral zu realisieren. Unter dem Begriff „Zentrale Produktionssteuerung“ sollte daher eine Organisationseinheit die folgenden Aufgaben übernehmen:
- Bereitstellung von Informationen über den Personaleinsatz für die erste und zweite Führungsebene;
- Steuerung des Personaleinsatzes (in den fachstatistischen Abteilungen) sowie Controlling der Terminerfüllung und Sicherung der Qualität der Ergebnisse;
- Förderung der Standardisierung von Prozessen und des Einsatzes von IT-Standardwerkzeugen;
- Förderung der Personalentwicklung und Erkennen von Qualifizierungsbedarf.
Vorüberlegungen und Annahmen
Ausgehend vom Ziel des flexibleren Personaleinsatzes ist mit dem Begriff der Zentralen Produktionssteuerung und der Definition der groben Aufgaben damit eine sehr anspruchsvolle Konstruktion theoretisch formuliert worden. Als konkrete erste Handlungsanweisungen wurden die folgenden Punkte vereinbart:
- Für die ZPS selbst muss eine Organisationsform geschaffen werden, die den Personaleinsatz beeinflussen kann. Dabei sind ihre Kompetenzen zu klären, z. B. um Entscheidungssituationen bei Prioritätensetzungen zu strukturieren.
- Um abteilungsübergreifend Personal zwischen Aufgaben befristet auszutauschen, muss ein Planungsinstrument entwickelt werden, das aggregierte Informationen für die Führungsebene zur Verfügung stellt.
- Die Unterschiede an die Anforderungen des Personals sollten nach Möglichkeit verringert werden. Denn wenn Personal befristet in anderen Bereichen unterstützen soll, müssen auch die entsprechenden Kenntnisse und Fähigkeiten vorhanden sein, allein die zeitliche Verfügbarkeit reicht hier nicht aus. Daher sind sowohl Aspekte der Personalentwicklung und -qualifizierung wichtig wie auch das Fördern von Standardisierungen bei der Produktion von Statistiken.
- Um den Personaleinsatz zu flexibilisieren, müssen Prioritäten gesetzt werden. Diese Setzung muss Qualitätsaspekte wie auch die Terminerfüllungspflichten gegenüber dem Statistischen Bundesamt beachten.
Als wichtigste Voraussetzung für eine zentrale Steuerung und damit eine Flexibilisierung des Personaleinsatzes ist ein Organisationsmodell, das durch ausreichende Entscheidungskompetenz Einfluss auf den Personaleinsatz nehmen kann, anzusehen. In der Organisationsstruktur des Statistikamtes Nord, bestehend aus Abteilungen, Referaten und Sachgebieten mit festgeschriebenen Aufgaben- und Verantwortungsbereichen, bedarf es hier einer klaren und eindeutigen Abgrenzung der ZPS gegenüber den Entscheidungskompetenzen der einzelnen Leitungsebenen der Fachbereiche sowie den Zuständigkeiten des Personalreferats.
Instrumente der ZPS
Das Organisationsmodell der ZPS wird als „Poolmodell bei zusätzlichen Veto- und Eingriffsrechten der ZPS“ verstanden. Als wesentliche Handlungsinstrumente der ZPS wurden die drei Säulen
• Profi-Springer,
• Temporäre Springer und
• ein kleines, im Amt zu ersteuerndes Budget
festgelegt.
Diese drei Säulen bilden die Werkzeuge der ZPS, mit denen befristete Personalbedarfe der Fachabteilungen bis einschließlich der Entgeltgruppe 10 abgedeckt werden sollen.
Profi-Springer sind für längere, mehrmonatige Einsätze vorgesehen. Ziel ist es, für die einzelnen Springer wiederkehrende und damit planbare Aufgabenbereiche zu finden, für die sie gut vorbereitet werden können. Gegebenenfalls werden auch Aufgaben „vor die Klammer gezogen“ und durch Spezialisten im Springer-Pool bearbeitet.
Temporäre Springer sind Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter der Fachabteilungen, die zu einem gewissen Zeitanteil regelmäßig oder gelegentlich grundsätzlich auch für alle anderen Aufgaben innerhalb des Amtes zur Verfügung stehen. Prinzipiell sind demnach alle Mitarbeiter in dieser Abgrenzung potenzielle Temporäre Springer. Sie werden im Bedarfsfall von der abgebenden Abteilung benannt. Die Temporären Springer sollen eher zum Ausgleich kurzfristiger, ungeplanter Belastungsspitzen herangezogen werden.
Für den Ausnahmefall unabwendbarer, befristeter Bedarfe, die weder durch Profi- noch durch Temporäre Springer abgedeckt werden können, soll ein begrenztes Budget zur Verfügung stehen. Das Budget wird durch „ersteuerte“ Mittel (verzögerte Stellenbesetzungen, Aussteuerung durch langfristige Krankheit etc.) gespeist und im Personalreferat geführt. Über die Verwendung der Mittel entscheidet die ZPS.
Für eine Flexibilisierung des Personaleinsatzes ist die Transparenz von Bedarfen und Bedürfnissen in den Einsatzbereichen zwingende Voraussetzung. Daher benötigen sowohl die Führungsebene wie auch die ZPS selbst ein Planungsinstrument, das die notwendigen Informationen in aggregierter Form bereitstellt. Um im Rahmen der Personalsteuerung auch Prioritätensetzungen zu ermöglichen, müssen weitere Indikatoren wie Qualitätsaspekte und Terminerfüllungspflichten gegenüber dem Statistischen Bundesamt in die Entscheidungsfindung mit einbezogen werden können. Aufgrund dieser Anforderungen ist als der zentrale Baustein des Konzepts der „Zentralen Produktionssteuerung“ ein eigenes IT-Instrument entwickelt worden, das diesen Ansprüchen gerecht werden kann – das ZPS-Tool. Die primäre Funktion der Anwendung ist die Bereitstellung von Informationen zum Ressourcenangebot und -bedarf der Fachbereiche. Die entsprechenden Informationen können mit Hilfe der Anwendung in Form einer Bilanzierung aggregiert bereitgestellt werden. Ohne diese Informationen aus der IT-Anwendung können die Steuerungsaufgaben der ZPS allenfalls nur unzureichend wahrgenommen werden. Deshalb haben Aktualität und Qualität der durch die Fachbereiche einzupflegenden Informationen für die ZPS besonders hohe Bedeutung. Das ZPS-Tool stellt alle Informationen zur Verfügung, um Problemlagen in der Ressourcenauslastung zu erkennen und bei konkreten Anforderungen passende Lösungen über den zentralen Springerpool oder Temporäre Springer zu identifizieren.
Erste Erfahrungen
Insgesamt wurden bis September 2013 sieben Mitarbeiter für den Standort Hamburg und neun Mitarbeiter für den Standort Kiel aus dem vorhandenen Personalstamm als Profi-Springer geworben.
Durch die Organisationsform der ZPS ergeben sich in der Führung der Profi-Springer einige Besonderheiten. Diese resultieren im Wesentlichen aus der Konstellation, dass die disziplinarische und fachliche Führung der Profi-Springer durch unterschiedliche Vorgesetzte erfolgt. Die disziplinarische Führung obliegt der Sachgebietsleitung der ZPS, während die fachliche Führung über die Führungskraft des jeweiligen Einsatzbereiches erfolgt. Dies erfordert eine hohe Kooperationsbereitschaft und eine gute Kommunikation zwischen den Partnern.
Der Arbeitsalltag der Profi-Springer ist durch wechselnde Arbeitsaufgaben in wechselnden Teams gekennzeichnet. Bei der Akquise der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurde deshalb auch besonderes Augenmerk auf die Flexibilität im Sinne einer Lern- und Veränderungsbereitschaft sowie die Belastbarkeit und Kooperationsbereitschaft der Anwärterinnen und Anwärter gelegt.
Nicht zu unterschätzen ist auch der Aufwand, das Vertrauen der Beteiligten in die Arbeit und Aufgaben der ZPS zu gewinnen und zu festigen. Deutlich war zu spüren, dass viele der Beteiligten noch eine gewisse Distanz zum Thema ZPS einnahmen. Durch Workshops und die in der Regel gute Bedienung des ZPS-Tools konnte die ZPS ihre Leistungsfähigkeit aber unter Beweis stellen. Inzwischen sind sowohl die Fachstatistiker wie auch die Profi-Springer mit dem Status quo weitgehend zufrieden.
Aus der Erfahrung der ersten Zeit hat sich die Anzahl von 16 Profi-Springern für das Statistikamt Nord bewährt. Da die Springer aus der Substanz der Fachabteilungen und nicht als zusätzliche Stellen zu realisieren waren, hätte eine spürbar höhere Anzahl von Profi-Springern nur dazu geführt, dass einige von ihnen dauerhaft Lücken in den Fachabteilungen gefüllt hätten. Bei deutlich weniger Profi-Springern hätte das Amt dagegen Flexibilitätspotenzial verschenkt und damit die Wirtschaftlichkeit des gesamten Konzeptes verschlechtert.
Fazit und Ausblick
Mit der ZPS steht dem Amt ein Instrument zur Verfügung, das interne zeitlich befristete Personalausgleiche ermöglicht. Ergebnis dieser Entwicklung ist ein deutlicher Rückgang zeitlich befristeter Einstellungen sowie ein jährlicher Spareffekt von – bei einer eher konservativen Schätzung – acht vollzeitäquivalenten Mitarbeitern der Entgeltgruppe 8 oder ca. 400 000 Euro.
Unterstützt werden der abteilungsübergreifende Austausch von Personal sowie der Einsatz der Profi-Springer durch die Informationen aus dem ZPS-Tool. Ein Aspekt, den es noch weiter zu entwickeln gilt, ist die Terminüberwachung. Wenn es gelingt, das ZPS-Tool auch als Frühwarnsystem zur Terminerfüllung gegenüber dem Statistischen Bundesamt zu nutzen, kann die Anwendung zusätzlich der Qualitätssicherung dienen.
Zurzeit prüft das Amt, besonders qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, deren bisherige Aufgaben in größeren zeitlichen Abständen durchzuführen sind, in die Konzeption der ZPS zu integrieren. So könnte auch sichergestellt werden, dass Erfahrungswissen nicht verloren geht. Gleichzeitig gelten die bis dahin geleisteten Einsätze im Statistikamt Nord als weitere Qualifizierungen. In absehbarer Zeit sollen neben den 16 Profi-Springern des mittleren Dienstes weitere Profi-Springer des gehobenen Dienstes eingesetzt werden.
Hinweis:
In der Reihe „Statistische Analysen" veröffentlicht das Statistikamt Nord wissenschaftliche Einzelbeiträge von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie externen Autoren zu fachstatistischen Themen, Problemen und Erkenntnissen der Amtlichen Statistik.
(Externer Link)„Die Zentrale Produktionssteuerung im Statistikamt Nord – ein Werkstattbericht“ steht wie alle in dieser (Externer Link) erscheinenden Veröffentlichungen im Internet kostenlos als Download zur Verfügung.
Schaubilder: siehe PDF-Dokument
Kontakt:
Dr. Jürgen Delitz
Telefon: 040 42831-1847
E-Mail: Pressestelle(at)statistik-nord(dot)de
Fachlicher Ansprechpartner:
Ralf Klein
Telefon: 0431 6895-9216
E-Mail: ralf.klein(at)statistik-nord(dot)de