Ein Vergleich der Jahre 1964 und 2018

Statistik informiert … SPEZIAL Nr. V/2019

Am Jahresende 2018 lebten 1 841 179 Einwohnerinnen und Einwohner in Hamburg. Zwar wuchs die Bevölkerung in den letzten Jahrzehnten stetig an, das bisherige Maximum von 1 857 431 Personen im Jahr 1964 konnte jedoch noch nicht wieder erreicht werden, so das Statistikamt Nord. Dennoch bieten die fast gleich hohen Bevölkerungszahlen der beiden Jahre den Ausgangspukt, um anhand ausgewählter Merkmale Ähnlichkeiten und Unterschiede für bevölkerungsnahe Sachverhalte beider Jahre zu betrachten.

1964, 19 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkriegs waren dessen Folgen sowohl im Stadtbild als auch in der Bevölkerungsstruktur noch ablesbar. Aufgrund der Kriegslasten kam es in ganzen Kohorten zu einer Unterrepräsentanz von Männern, der Anteil der Frauen an der Ge­samtbevölkerung lag bei 53,6 Prozent. Im Jahr 2018 war das Verhältnis mit 51,0 Prozent aus­geglichener. Dass es auch gegenwärtig mehr weibliche als männliche Einwohner gibt, ist ins­besondere auf die höhere Lebenserwartung der Frauen zurückzuführen.

Im Vergleich zu 1964 ist die Hamburger Bevölkerung heute älter. Das Durchschnittsalter stieg von 38,8 auf 42,1 Jahre. Die jüngeren Altersgruppen sind aktuell deutlich geringer besetzt, die mittleren Altersgruppen dagegen stärker (30 bis unter 45 Jahre) oder in etwa gleich stark (45 bis unter 65 Jahre). Die absolute Zahl der mindestens 65‑Jährigen lag 2018 um gut 20 Prozent über der, die 1964 in diesem Alter waren.

Die Personen, die den Krieg als Soldaten aktiv erleben mussten, waren 1964 weitgehend im erwerbsfähigen Alter. Das ab den frühen 50er Jahren registrierte „Wirtschaftswunder“ hatte inzwischen nicht nur für Vollbeschäftigung gesorgt, sondern sogar für die Anwerbung von „Gastarbeitern“, um mit ihnen die vorhandene Arbeit zu bewältigen. So lag die Zahl der Hamburger Erwerbstätigen im Jahr 1964 bei 909 000 und hat im bis zum Jahr 2018 lediglich geringfügig um 57 000 oder etwa sechs Prozent zugenommen. Die Anzahl der erwerbstätigen Männer sank seitdem sogar. Die Zahl der erwerbstätigen Frauen stieg dagegen um fast 30 Prozent. Bedenkt man allerdings, dass 1964 auch unter Frauen Teilzeittätigkeiten deutlich seltener verbreitet waren als heute, dürfte das gesamte von Frauen geleistete zeitliche Ar­beitsvolumen heute kaum größer sein als im Jahr 1964.

Die erste wirtschaftliche Krise stand der Bundesrepublik noch bevor (und kam dann 1967/1968 als nach heutigen Gesichtspunkten kurze und leichte Rezession). Hamburg war als bedeutender Industriestandort (nicht zuletzt durch die damals noch florierende Werftin­dustrie) und Metropole des Groß- und Außenhandels am ökonomischen Boom der Bundesrepublik erheblich beteiligt. Die hohe Anzahl an erwerbstätigen Hamburgerinnen und Hamburgern im Jahr 1964 geht auf die florierende Wirtschaft, der damals deutlich geringeren Arbeitsproduktivität und die günstigere Altersstruktur der Bevölkerung zurück.

Die grundsätzlich positiven Zukunftserwartungen gingen mit einem Geburtenboom einher. Im Jahr 1964 wurden im Hamburg der Nachkriegszeit mit 27 738 so viele Kinder geboren wie vorher und nachher nicht wieder. Die im Vergleich zu 2018 deutlich höhere Anzahl der Eheschließungen im Jahr 1964 beruht vermutlich eher auf den damals geltenden Konventio­nen als auf der Struktur der damals jüngeren Bevölkerung. So war die Wohnungsvergabe an nicht verheiratete Paare noch vollkommen unüblich; es musste zunächst geheiratet werden, wenn ein Paar einen gemeinsamen Haushalt gründen wollte. Im Blick auf die Bevölkerungs­bewegung zeigt das Jahr 1964 einen doppelten Wendepunkt: Der Geborenenüberschuss erreichte sein für lange Jahre geltendes Nachkriegsmaximum (später nur vom Jahr 2016 übertroffen) und erstmals nach dem Krieg verließen mehr Personen Hamburg als zuzogen. Wohnungsmangel, steigende Einkommen und ein wachsender Grad der Motorisierung führten aber auch dazu, dass zunehmend Bürgerinnen und Bürger aus Hamburg ins Umland abwan­derten. Der Prozess der Suburbanisierung hatte begonnen.

Trotz eines hohen Wohnungsbauvolumens herrschte 1964 immer noch Wohnungsnot, der unter anderem auch mit Instrumenten der Wohnraumbewirtschaftung begegnet wurde. Ein, wenn auch nicht mehr großer, Teil der Bevölkerung lebte in Wohnlagern mit Gemeinschafts­unterkünften. Die Angaben zum Wohnungsbestand, zu der Anzahl der Wohnräume und zu der durchschnittlichen Wohnfläche zeigen eindrücklich den damaligen Mangel. Die rechneri­sche Relation der Wohnfläche je Einwohnerin und Einwohner stieg beispielsweise von 20,5 auf 39,6 m2 in 2018, wobei zu berücksichtigen ist, dass nicht alle Personen in eigenen Woh­nungen lebten. Insgesamt hat die Anzahl der Privathaushalte in Hamburg im Vergleich zum Jahr 1964 um fast ein Drittel oder 248 000 zugenommen und lag 2018 bei über einer Million. Dabei sind es insbesondere die Einpersonenhaushalte, die sich im Vergleich zu 1964 mehr als verdoppelten. Die Anzahl der größeren Haushalte hat dagegen um mehr als ein Viertel abgenommen. Die durchschnittliche Haushaltsgröße lag im Jahr 1964 bei 2,4 Personen und verringerte sich auf 1,8 Personen im Jahr 2018.

Auch das Bildungsverhalten hat sich zwischen den beiden Vergleichsjahren stark verändert. Obwohl die Altersgruppe der 6- bis unter 18‑Jährigen 2018 um fast 37 000 unter der Zahl der damals Gleichaltrigen des Jahres 1964 lag, gab es 2018 mit einem Plus von 21 000 deutlich mehr Schülerinnen und Schüler an allgemeinbildenden Schulen, gleichzeitig aber deutlich weniger Besuche von beruflichen Schulen (rund 19 000 weniger). Vermutlich haben die Schü­lerinnen und Schüler 1964 viel früher ihre Schulzeit beendet als 2018. Der Vergleich der Berufsschülerinnen und -schüler zeigt, dass damals viel mehr junge Menschen eine Lehre absolvierten als heute. Zusätzlich dürften 1964 noch deutlich mehr Personen ohne Lehrab­schluss direkt nach der Schule in die Erwerbstätigkeit gewechselt haben als heute. Das Bildungssystem war in dem damaligen Umfeld noch auf wenig Veränderung ausgerichtet. Höhere Schulabschlüsse waren die Ausnahme und der Besuch einer Universität selten. Hier veränderten sich Strukturen und Lebensmuster erst in den 70er Jahren in einem deutlich höheren Tempo. Der heute sehr verbreitete höhere Schulabschluss war 1964 deutlich seltener zu finden, was sich auch am Vergleich der Zahl der Studierenden ablesen lässt. Studierten im Jahr 1964 gerade rund 17 000 Personen an den damaligen Hamburger Hochschulen, sind es 2018 fast 110 000, darunter etwa 17 000 allein an Fernhochschulen.

Die Hamburgerinnen und Hamburger profitierten durch den bereits erwähnten ökonomischen Boom mit erheblichen Kaufkraftzuwächsen. 1964 konnten und wollten sich z. B. erhebliche Anteile der Haushalte einen PKW leisten. Der öffentliche Nahverkehr war noch längst nicht so weit ausgebaut wie heute. Selbst den Hamburger Verkehrsverbund (HVV) gab es 1964 noch nicht, er wurde erst Ende 1965 gegründet. Die deutlich verstärkte Motorisierung zeigt sich im Anstieg der Anzahl privater Personenkraftwagen zwischen 1964 und 2018 um mehr als das Doppelte auf rund 630 000. Gleichzeitig ist die Anzahl der im Straßenverkehr getöteten Per­sonen von 358 im Jahr 1964 auf 29 im Jahr 2018 gesunken.

Wie an wenigen Merkmalen aufgezeigt wurde, hat sich die Stadt seit 1964 zum Teil stark ver­ändert. Das hat auch Folgen für die Nutzung der Fläche des Stadtgebietes. Auch wenn die diesbezüglich verfügbaren Angaben nur eingeschränkt vergleichbar sind, wird deutlich, dass im Vergleich der beiden Jahre die Siedlungs- und Verkehrsflächen zugenommen haben, wäh­rend die Vegetationsflächen und die für Freizeitaktivitäten vorgesehenen Flächen insgesamt abgenommen haben. Das Letztere aber zusammen mit den Gewässerflächen die Hälfte des Stadtgebietes ausmachen, unterstreicht den immer noch bestehenden Charakter Hamburgs als grüne Stadt am Wasser.

Methodische Anmerkungen:
Die Tabelle weist an verschiedenen Stellen für das Jahr 1964 geschätzte, in der Regel inter­polierte Angaben aus, die entsprechenden Hinweise werden in der Tabelle kenntlich gemacht.

Tabelle: siehe PDF-Dokument

 

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